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„nichts“ schrieb sie in der selbstvorstellung als antwort auf die frage, was ihr hoffnung machen würde. ihr pessimismus speise sich, wie sie im gespräch ausführt, aus ihrer arbeit mit den patienten, die alle vollständig „verkorkst“ seien, und würde genährt von der ihrer ansicht nach perspektivlosigkeit der jugend. sie sei psychotherapeutin, also akademikerin, was sie mehrfach betont, und mutter zweier kinder im teenager-alter, denen durch die maßnahmen die jugend „geraubt“ worden sei. sie habe eigentlich überhaupt keine hoffnung mehr.

diese eigendiagnose steht im offenkundigen widerspruch zu ihren handlungen. ein mensch ohne hoffnung reist nicht vielfach querdenkend durch die republik. es sei denn, sie begriffe ihren pessimusmus als nihilistin und die demos als rein ästhetisches phänomen. doch dazu bedürfte es einer weiteren zutat, die während des gesamten gespräches nicht sichtbar wird: humor. dieser scheint, wie wein zu essig, von sorgen getrieben, zu trüber bitterkeit gekippt. stattdessen mag sie das autoritäre, frauen seien für politik zu verweichlicht, es bräuchte richtige männer, und sie wisse das denn sie sei akademikerin. mit hang zu grobkörnigen beleidigungen spricht sie viel vom linken gesindel, vom ökofaschismus, vom verprügeln der politikerinnen, wenig gebremst durch fehlende anonymität.

ihre ablehnung der gegenwart als trotziges desinteresse bestätigt sich in dieser beobachtung: in 45min deutschland spricht stellt sie keine einzige inhaltliche frage an mich. sie erzählt ganz über sich und wie falsch alles läuft, trüb in farbe und ton, doch gelegentlich, wenn sie sich argumentativ als überlegen sieht, lächelt sie beinah. der pessimismus als grundhaltung bereitet ihr – freude.