X . X . Z – der nachkrieg

verhandlungen an der ukrainisch-belarussischen grenze, selbstverständlich ohne irgendwelche ergebnisse, während heftige bombardierung von kharkiv stattfindet und putin mit macron telefoniert, dazu UN-generalversammlung, ob man denn, fragt anselm bei facebook, russland irgendein gesichtswahrendes friedensangebot unterbreiten könne, das aber, antwortete ich ihm, ist aus mindestens zwei gründen geradezu unmöglich, denn 1. belegen putins neuerliche aussagen gegenüber macron und die aussagen des russischen UN-botschafters, dass diese regierung jeglichen realitätsbezug verloren hat und von „de-nazifizierung“ und entmilitarisierung der ukraine spricht, was de facto eine vollständige kapitulation der ukraine bedeuten würde, zudem mit der wiederholten neutralitätsforderung der ukraine auch ihre staatliche eigenständigkeit aufgegeben wäre, was für die ukraine und auch die EU und die NATO nicht akzeptabel sein wird. zudem hat 2. die ukraine heute das beitrittsgesuch zur EU unterzeichnet, was erst einmal nur ein symbolischer akt ist, aber natürlich jegliche neutralität unmöglich macht, zumal es nicht wenige stimmen in der EU gibt, die die ukraine sofort aufnehmen wollen. hinzukommt, dass 3. jegliche verhandlungen russlands wie heute an der belarussischen grenze ebensolche scheingespräche sind wie im januar mit biden, macron, scholz etc, während in der ukraine von russischen armeeverbände mit schweren angriffen und bombardements a la syrien fakten geschaffen werden, die in den verhandlungen gar nicht mehr revidiert werden können, nein, ich glaube ganz und gar nicht an eine irgendwie gesichtswahrende lösung, sondern an einen sehr quälenden, qualvollen krieg, der weder am verhandlungstisch noch in der ukraine entschieden wird, sondern ausschließlich in moskau selbst, wenn die internationale unterstützung für putins regime weiter erodiert und die proteste aufgrund der zunehmenden sanktionswirkungen sich verfestigen – wie lange das braucht, und ob putin wirklich die „abschreckungswaffen“ inkl nuklearer waffen einsetzt oder ob das eine extreme drohgebärde ist: diesem kerl ist schlicht alles zuzutrauen, und jede drohung muss ernst genommen werden, russische zusagen zu irgendwelchen verhandlungen oder gar unterschriften unter irgendwelche dokumente sind hingegen ohne jede glaubwürdigkeit, die hat das putinsche russland vollständig verloren, und noch aus einem anderen grund ist es nicht mehr möglich, dass putin bei einem irgendwie kompromiss-artigen friedensangebot das „gesicht wahren“ kann – er kann es eben nicht mehr. seine kriegserklärung an die ukraine sowie seine gesamte politik spätestens seit dem essay vom vergangenen juni, eigentlich schon seit 2014, zielt unmissverständlich darauf ab, die ukraine als einen historischen irrtum, der kein existenzrecht hat, darzustellen, in putins sicht ist die ukraine kein staat, so hat er es mehrfach dargestellt, und ein machthaber, der, wie karl schlögel sehr treffend sagte, russland nur als imperium versteht und nicht als ein staat unter vielen, ein machthaber, der den chef seines inlandsgeheimdienstes derart bloßstellt und demütigt vor versammelter weltgemeinschaft, der verliert in jedem fall sein gesicht, wenn er nur ein bisschen ukraine bekommt, der wird von den seinen nicht mehr ernst genommen und abserviert, womit das ganze projekt russland als reich scheitert – putin hat keinen einzigen weg zurück –

hoffnung ist grundsätzlich notwendig, immer, („wer immer hofft, stirbt singend“) bei mir spricht auch eine größere portion frustration mit, der die unterschätzten medwedjew-jahre live vor ort erleben konnte, sie waren beinah eine liberal zu nennende phase, während nach der duma-wahl 2011 und noch mehr der präsidentenrochade 2012 sofort klar war, dass diese liberale zeit – medwedjew trieb die internationalisierung des landes voran, förderte das freie und offene internet, entwickelte ein liberales wirtschaftsklima, gegen das alles politisch sabotiert wurde von putin-treuen, weshalb eben dann putin so eilig nach nur einer amtszeit von medwedjew als präsident zurückkehrte – und 2012 brach in kürzester zeit all das vehement zusammen, der ton im inland verschärfte sich, kontrollen, gesetze, das berühmte agentengesetz, die homosexuellen-verbannung etc, alles in einem einzigen jahr 2012/13, und der euromaidan in der ukraine muss eine liberale bedrohung gewesen sein, die kontrolle zu verlieren. worauf ich hinaus will: dieses land russland hat putins regime willentlich und wissentlich zivilgesellschaftlich so ruiniert, von meinen bekannten und freunden höre ich nur zögerlich, wie furchtbar sie diesen krieg finden, weil jede äußerung im internet zu repression führen kann, es macht mich alles so wütend, ich gönne diesem regime kein friedliches gesichtwahren vor sich selbst, es hat es schlicht nicht verdient, putin hat seine eigene bevölkerung so extrem in bedrängnis gebracht, bedroht und zerstört gesellschaften und staaten in als „seinem“ herrschaftsbereich zugeordneten regionen, und führt mit einer unfassbar vulgären sprache und politik sein eigenes land in das vollständige politische ökonomische soziale abseits: der hat keinen noch so schamhaften aber ehrerhaltenden abgang verdient. was soll denn nach dem ende des krieges geschehen, dass die sanktionen stück für stück aufgehoben werden und putin mit nem strauß blumen in kiew aufkreuzt und sagt, ja war kacke von uns, schwamm drüber? boah.