die rückkehr des autoritären

die wiederwahl donald trumps heute nacht ist als „größtes comeback der geschichte“ resp. „böser traum“ erfahren worden mit auch von erfahrenen analysten in seiner deutlichkeit nicht vorhergesagtem ergebnis. in den kommentaren werden alle möglichen szenarien entworfen oder beschwichtigt, manch einer sieht die gefahr eines bürgerkrieges abgewendet, den trumpanhänger bei verlorener wahl angezettelt hätten. zweifellos ist die rückkehr trumps ins weiße haus eine tiefe politische, geopolitische, womöglich globale zäsur. die usa sind in der unmittelbaren gefahr, unter dem politischen programm des „project 2025“ das land von einer präsidialen demokratie in eine ein-parteien-autokratie zu verwandeln. die mehrheit im senat und sehr wahrscheinlich auch im kongress lässt ein solches szenario sehr wohl möglich erscheinen, trump selbst hat hinreichend im wahlkampf mit sich als diktator und autokrat geliebäugelt und einem rachefeldzug gegen seine opponenten, demokraten, journalisten etc, gedroht. was davon real wird ist natürlich im moment völlig unklar – klar sollte hingegen sehr wohl sein, dass der auch schon als faschist bezeichnete trump für diese amtszeit deutlich besser vorbereitet ist, auch wenn er bisweilen wirr und absurd und stets rassistisch, misogyn und dabei verlässlich entertainend erschien. harris hat es nicht geschafft, ein biden-freies profil zu entwickeln und dabei wähler*innen verloren, trotz populärer unterstützung von kulturgrößen wie beyoncé oder taylor swift, während trump stets die arbeiterschaft bespielte und deren wirtschaftliche lage für sich nutzen konnte, obwohl er selbst ein arbeiterfeindliches programm vertritt.

auch wenn sich russland zurückhält und noch nicht applaudiert – putin wird in ruhe abwarten, wohin sich trump insbesondere in fragen der russischen imperialen bestrebungen entwickeln wird, denn die ukraine wird er ihnen gewiss nicht einfach so zum geschenk machen – ist trumps rückkehr ein sieg der autoritären, der endgültige beginn einer autoritären epoche. die demokratien weltweit haben sich in den 35 jahren nach dem 9. november 1989 unter der neoliberalen agenda selbst geschwächt, von werten wie meinungsfreiheit und gleiche rechte geredet und sich selbst nicht an die internationalen regeln gehalten und damit außen- und sozial innenpolitisch stück für stück selbst ausgehölt, zudem waren sie der illusion erlegen, dass wirtschaftliche prosperität und demokratie zueinander gehören würden, außerdem die ganze welt nichts am liebsten hätte als demokratie nach westlichen werten und wirtschaftsmodellen. eine glänzende analyse der illusionen des westens ins carlo masalas buch „weltunordnung“. der ausblick, dass die welt auf absehbare zeit unsicherer und mit zunehmend instabilen, wechselnden allianzen wird leben müssen, da die internationalen institutionen der nachkriegsordnung des 20. jahrhundert nicht mehr funktionieren (nicht ausschließlich aber maßgeblich, weil der westen sie selbst nicht mehr beachtete und ungestraft im kosovo oder im irak etc intervenierte), ist aktuell wahr geworden. putins hinwendung an nordkorea sowie sein besuch in der mongolei, einem staat, der den internationalen gerichtshof anerkennt und putin hätte festnehmen müssen, demonstrieren wiederholt, wie leer diese institutionen inzwischen sind. das autoritäre breitet sich stets dort aus, wo es keine konsequenzen mehr gibt. zudem geht das autoritäre mit imperialem nationalismus einher. trumps slogans des america first bzw make america great again ergänzen sich zu einem wirtschaftsimperialem weltbild, in dem allianzen gebildet werden mit denjenigen, die sich dem trumpschen diktum des deals unterordnen. es braucht nicht viel weitsicht um zu verstehen, dass die sozialen, ökonomischen und internationalen spannungen zunehmen werden. wenn das „project 2025“ umgesetzt werden sollte, und damit wäre die autoritäre wende in den usa gelungen, hat sich die republikanische partei auf jahrzehnte an die macht gesetzt ohne zu putschen – ganz so, wie es putin vorgemacht und die europäischen bewunderer, allen voran orban, eifrig kopiert haben: misstrauen in die institutionen stärken, meinungsfreiheit begrenzen, loyale staatsbeamte installieren, minderheiten schwächen, zivilgesellschaft schwächen, den demokratischen anstrich geben dann zunehmend undemokratische scheinwahlen: trumps rückkehr ist der sieg der extremisten, ganz so, wie es annika brockschmidt in „die brandstifter“ untersucht und dargestellt hat.

für heute bin ich zutiefst deprimiert und sehe für das kommende jahr nicht viel positives.

und der bruch der regierung scholz, auch wenn ich sehr lindners rauswurf auch in dieser schärfe begrüße, ist heute eine miserable nachricht. es wird nach den kommenden neuwahlen wohl so sein: im märz grüßt kanzler merz. die autoritäre verdummung schreitet unaufhaltsam voran.