0 . 6 . 4

wir leben in den zeiten eines sich zunehmend grotesker gebärdenden nationalismus der sich äußert in empfindlichkeiten ansprüchen empörungen bedrohungen in seiner schieren menge der äußerungen zunehmend geistlos rücksichtslos gefährlich . trumps vergangene präsidentschaft war ein einziger atemloser ritt der geistlosigkeit dessen wesentliche technik es war durch pure menge von beliebig absurden reden und taten stets das gespräch zu dominieren denn dominanz des gesprächs ist entscheidend wenn die eigentliche handlung die abschaffung der demokratie ist , nachzulesen jüngst bei natascha strobl „radikalisierter konservatisismus“ . aktuell dominiert die sog. ukraine-krise , eine von russland bewusst herbeigeführte hochgespannte situation militärischer konfrontation an der ukrainischen grenze mit dem ziel der veränderung der gesamten politischen ordnung und regularien zum vorteil russlands ohne jegliche rücksicht auf mögliche konsequenzen eines krieges . es ist eine ungeheure drohung aus dem russischen minderwertigkeitskomplex heraus , seiner eigenen bevölkerung und der welt seit 30 jahren nichts anderes anbieten zu können als nationalistische nostalgie an ein früheres großreich вместе за Великую Россию oder was die entsprechung zu trumps sattsam bekanntem slogan sein könnte – der gang an die ukrainischen grenzen ist identitätspolitik in putinscher aggressionsform

überhaupt identitätspolitik – die suche nach dem wir und seine selbstbehauptung gegenüber den anderen wer hat das recht als wir und über das wir zu sprechen welches wir wollen die mitglieder des wir benennen und behaupten erhobenen hauptes abgeschlagenen hauptes : war man allgemein zur inauguration von gormans gedicht begeistert stellte sich hernach die seltsame frage wer das recht haben soll das gedicht zu übertragen darf diese darf jener wer darf überhaupt dürfen dabei ist identität eine frage des kontextes und der gegenseitigen sensibilität zwei jahre zuvor juckte es keine nase dass ein weißer des roman eines schwarzen voller fehler und ahistorisch übersetzte doch inzwischen gab es eine erhöhte sensibilität was repräsentation in der kunstwelt kino literatur angeht und so interessierte sich das feuilleton plötzlich für übersetzungen und jetzt

interessiert es sich für eine filmbesetzung jahrezehntelang gehörte whitewashing zum standard im kino nicht nur hollywoods einen asiatischen charakter mit weißer schauspieler*in zu besetzen älteste whitewashed figure ist ganz sicher jesus himself denn der war gewiss kein blasshäutiger blondlockiger mitteleuropäer sondern höchstwahrscheinlich mit deutlich dunklerem teint und schwarzes haar üble fehlbesetzung etwa der chinesische nachbar in breakfast at tiffany’s nicht zu reden von der kolonialen „kunstform“ des blackfacing – und eben jenes blackfacing wittern nun britische schauspielerinnen allerdings gehts nicht um hautfarbe sondern um nation und glaube denn die nichtjüdin helen mirren spielt die israelische politikerin golda meir und der begriff „jewfacingsteht im raum denn darf diese oder jene person diese oder jene andere person verkörpern repräsentieren verbildlichen wo sind die grenzen des erträglichen in der kunst und worauf sollten repräsentative filme rücksicht nehmen dass hamlet von einer frau gespielt wird ist längst kein aufreger mehr wer würde da von „manfacing“ reden wollen doch welche erwartung hat man eigentlich an das kino wenn die frage der repräsentation – und zwar der richtigen repräsentation – im vordergrund der forderungen steht nur briten sollen die britischen figuren der britischen harry potter zauber welt spielen und aufführen nach j.k.rowlings begehr es geht um werktreue definitionshoheit authentizität als identität ( zwischenfrage : belästigt es mich , wenn westdeutsche schasupieler*innen ostdeutsche charaktere darstellen ? meist ja , denn diese darstellung ist sein eigenes klischee und genre geworden eine sächselnde und unattraktive figur läuft ihrer lächerlichkeit wegen durchs bild . es interessiert mich nicht die bohne , wenn es eine darstellung ohne klischees ist ) und jetzt also eine nichtjüdin als repräsentative jüdische persönlichkeit als problem der falschdarstellung eine hochpolitische empfinsdamkeit in fragen der identitätsrepräsentanz welche authentizität wird hier eigentlich verlangt mal ganz abgesehen von der max-czollek-bedrängnisfrage wer ist denn jetzt eigentlich anerkannter jude in welche richtung geht das alles welche gesellschaft und repräsentation von gesellschaft soll es denn eigentlich werden

frage für mein späteres ich